Volker Gadenne
14 Seiten · 3,12 EUR
(20. Juni 2016)
Aus der Einleitung:
Im Rahmen einer Untersuchung über die Wahrheit und die Erklärungskraft ökonomischer Modelle vertritt Julian Reiss die beiden folgenden Thesen: 1) Alle ökonomischen Modelle sind falsch. 2) Ökonomische Modelle liefern trotzdem gute Erklärungen. Da Reiss drittens davon ausgeht, dass nur wahre Modelle etwas erklären können, kommt er zu dem Ergebnis, dass es in der Ökonomie ein Paradoxon gibt. Warum sind ökonomische Modelle angeblich falsch? Reiss erläutert dies anhand von Hotellings Gesetz. Nach diesem Gesetz versuchen Produzenten, ihre Produkte möglichst ähnlich wie ihre Konkurrenten zu gestalten. Dies wird oft am Beispiel der beiden Eisverkäufer illustriert, die an einer Strandpromenade den für ihren Verkauf optimalen Standort suchen. Das Ergebnis ist, dass sie auf dieser Promenade so nahe wie möglichst zusammenrücken, um so zusätzlich zu den Kunden auf ihrer Seite des Strandes möglichst viele des Konkurrenten auf ihre Seite zu ziehen. Nun enthält das hier zugrunde liegende Modell einige Annahmen, die eine gewisse Vereinfachung gegenüber dem darstellen, was man empirisch gewöhnlich antrifft. So wird unter anderem angenommen, 1) dass sich die Verkäufer nur in einer räumlichen Dimension bewegen können, 2) dass für die Entscheidung der Käufer nur die räumliche Distanz zum Verkaufsstand eine Rolle spielt und 3) dass die potentiellen Käufer gleichmäßig über den Strand verteilt sind. Diese Bedingungen dürften sehr selten perfekt erfüllt sein. Und auch schon die theoretische Annahme, der Mensch sei in allen Situationen ein Homo oeconomicus, muss als Idealisierung gelten. Deshalb, so sagt Reiss, seien ökonomische Modelle genau genommen falsch. Zugleich sei ihre Erklärungsleistung aber nicht zu leugnen. Hat er mit seinen Thesen Recht? Können Modelle überhaupt wahr oder falsch sein? Sind sie prüfbar? Können sie etwas erklären? Diese Fragen sind Gegenstand der folgenden Überlegungen. Dabei werde ich mich allerdings nicht speziell auf die Ökonomie beziehen, sondern Betrachtungen anstellen, die allgemein wissenschaftstheoretischer Natur sind, die aber, so hoffe ich, für die Ökonomie relevant sind und sich auf sie anwenden lassen.
Institut für Philosophie und Wissenschaftstheorie, Johannes Kepler Universität Linz