Konrad Ott
"Beiträge zur Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit" · Band 8
298 Seiten ·
29,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1150-9
(September 2015
)
"Ein politisches Blatt erfordert etwas Theorie zum Einstieg. Konrad Ott ist Professor für Philosophie und Ethik der Umwelt in Kiel. Er gehörte auch dem Sachverständigenrat für Umweltfragen der deutschen Bundesregierung an. In einer Buchreihe «zur Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit» sind kürzlich Aufsätze von ihm erschienen, die sich um den Naturschutz drehen. Denn ohne diesen wäre das von ihm postulierte Nachhaltigkeitsziel «theoretisch wie praktisch unvollständig». Oft und gerne wird gesagt, dass es gelte, das Naturkapital zu erhalten. Doch beim Schutz von Biodiversität, bei der «Idee der Wildnis» oder bei Renaturierungen wird es oft kompliziert, sobald es um Begründungen und um konkrete Massnahmen geht. Entsprechend lohnend ist es, den philosophisch basierten Gängen durch dieses weite Feld zu folgen.
«Nachhaltigkeit» ist kompliziert
Ott fragt zum Beispiel, ob die Hinwendung zur «naturnahen» Waldbewirtschaftung wirklich aus Überzeugung erfolgte oder ob dies nur eine «Intermezzo-Strategie» war. Neuerdings sei jedenfalls weit mehr von der «Mobilisierung der Holzreserven» die Rede. Und wieder wird mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit argumentiert. «Ähnlich wie in der Landwirtschaft führt die verstärkte Nachfrage nach erneuerbaren Energien auch in der Forstwirtschaft dazu, dass deren Zukunftsaussichten in ökonomischer Hinsicht deutlich besser sind als noch vor wenigen Jahren.» Wo bleibt dann die davor beschworene Biodiversität? Sogar wenn diese als «Wert an sich» anerkannt ist, bleiben schwierige Fragen. Sind denn wirklich «all die vielen tropischen Insektenarten» zu schützen, oder Spezies, welche für Menschen, andere Tiere sowie die menschliche Nahrungserzeugung «schädlich» sein könnten? Man denke an den aktuellen Streit um Biber, Luchs und Wolf. Sollen oft mit einer «Sehnsucht nach Wildnis» begründete «neue» Prozessschutzflächen abgesperrt, Menschen also ausgesperrt werden? «Es wäre eine Probe aufs Exempel wert», schreibt der Autor, «zu untersuchen, ob sich Wildnisgebiete nicht quasi von selber schützen, weil sie für die meisten Spaziergänger unattraktiv sind.» Wem an einem Betreten liegt, sollte dies «unter Regeln» können. Bedenklich wären «Ausnahmen von Betretungsverboten, die sich Naturschützer selbst genehmigen.» Eine vielfältige positive Erfahrung von Natur dürfte der Sache langfristig förderlicher sein als die Betroffenheit, welche mit fachlich ohnehin umstrittenen «Roten Listen» ausgelöst wird. Verbotstafeln sind Notlösungen. Tendenziell zustimmend zitiert Ott einen Ökonomen, der einmal sagte, Naturschutz sei dann wirklich erfolgreich, «wenn die Menschen (den möglichen Selbstwert von Pflanzen einmal beiseite gelassen) wieder ohne schlechtes Gewissen Blumen pflücken könnten, weil diese wieder (über)reichlich vorhanden wären.» Dass sich «die Präferenzen vieler Menschen zugunsten eines Lebens in urbanen und virtuellen Welten verändern», ist für die Ethik kein alleiniger Massstab. Zudem wäre gleich zu betonen, «dass nicht einmal die faktisch vorhandenen Naturschutzpräferenzen politisch angemessen berücksichtigt werden.» Zwar lassen sich «Glücksmöglichkeiten von Naturerfahrungen» schwer bewerten. Bagatellisiert werden sollten sie nicht.